Wer würde ich sein, wenn ich mir das Urteil anderer egal wäre? Wer wäre ich, wenn ich das tun würde, was ich tun möchte?
Ich habe meine Werte definiert. Ich habe „mein Glück“ heruntergebrochen, in kleine, tangible Häppchen. Davon möglichst viel gemacht. Wer bin ich?
Wenn der Mensch eine Zwiebel wäre – was passiert, wenn man alle Schalen abgeschält hat? Ist es dann die Erkenntnis, dass darin nichts ist? Wenn alle Masken fallen darunter nicht das nackte Selbst steckt sondern einfach nichts?
Um zu dem heutigen Zustand zu kommen habe ich Dinge getan, die mir gut taten. Das hat mir nicht genau gesagt, wer ich bin, aber es hat mir gut getan. Manchmal habe ich dadurch vielleicht herausgefunden, was ich nicht sein möchte.
Heute, auf dem Fahrrad, in keiner der Therapie- und Coachingstunden, von denen ich WEISS GOTT viele hatte, begegnete mir andere Fahrradfahrer. Das Wetter war warm, nicht heiß, wunderschön und wir hatten schon fast Stau auf dem RS1. Ich hatte Rückenwind und es ging leicht bergab, mein Puls lag bei etwas über 180, ich war gut drauf. Links kam mir eine Frau entgegen, Elektrofahrrad, leicht bergauf, Gegenwind. Dahinter ein Mann mit Handbike, das ist ein Rollstuhl mit Pedalen an den Händen. Die Frau fuhr so ca. 20kmh, vielleicht ein wenig schneller.
Dahinter der Typ mit dem Handbike. Der hielt mit. Und sah dabei sportlich und konzentriert aus. Und dann habe ich mich kurz gefragt, ob ich das auch könnte. Querschnittsgelähmt sein, plötzlich, und dann irgendwann wieder Lebenslust entwickeln, soweit, dass ich bergauf und bei Gegenwind 20kmh oder schneller unterwegs bin. Das war der so banale wie entscheidende Augenblick wo es „Klick“ machte, denn die Antwort lautete: Ziemlich sicher ja.
Das wiederum erzeugte zwei Dinge, über die ich mir beim Schreiben gerade versuche klar zu werden – einerseits die Erkenntnis das zu meinem „Ich“ ein starker Kampfgeist gehört, der nicht aufgibt. Mal ne Pause macht, aber dann! 😉 Und zweitens das ich bei einer Querschnittslähmung das Gefühl oder eine Ahnung habe, das ich nicht aufgeben würde, aber mich manchmal umbringen möchte, wenn ich an den SCHEISS denke, der mir so widerfahren ist. Das steht in keinem Verhältnis, das ist nicht wichtig oder groß genug um aufzugeben oder mich davon unterkriegen zu lassen.
Also der Kampfgeistmotor hat gerade eine Lachgasinjektion bekommen, das fühlt sich sehr gut an. Habt einen schönen Abend und macht, was Euch gut tut.