Ich lese gerade das Buch „Ich denke, also bin ich (mir im Weg)“. Auf Seite 86, da bin ich gerade, geht es darum die Geschichte des eigenen Lebens aufzuschreiben. Aber in aller Kürze. Woran erinnere ich mich als erstes? Wofür habe ich mich begeistert? Welche wichtigen Entscheidungen/ Events haben stattgefunden? Wieso ist mein Leben so verlaufen, wie es verlaufen ist, wovor habe ich am meisten Angst? Und welches andere Gefühl begleitet mich am meisten in meinem Leben?
Ich sitze hier mit meinem Paket: Kopfschmerzen, Schnupfen, einer großen Packung Taschentücher, heißem Tee, schlechtem Wetter draußen. Es kann losgehen.
Das erste woran ich mich bewusst erinnere ist in unserer Wohnung als ich 2 Jahre alt war. Ich guckte mit meiner Mutter eine Sendung im Fernsehen über Affen. Ein zweites Bild kommt hoch, wie ich krank war und mit Durchfall zu kämpfen hatte. Und das dritte mein Freund Dominik (der war kleiner als ich, also vermutlich so 1-2 Jahre alt) der mir sein altes, abgefahrenes amerikanisches Matchboxauto zum Abschied schenkte. (Und ja „JÖRG“ ich erinnere mich so früh an mein Leben.) Mit dem spielte ich noch im nächsten und übernachsten Zuhause. Ich zog um mit ca. 0, 2, 3, 4, 7, 12 und 20 Jahren. Und dann viele Male.
Jedes Mal verlor ich sehr, sehr gute Freunde, jedes Mal fand ich Neue, jedes Mal etwas weniger (Hm, der Erste). Sehr viel später fand ich meine Frau und verlor meine Freunde ohne neue zu suchen, denn sie kamen frei Haus und waren dann doch nicht meine Freunde.
Zurück in die Kindheit: Zwischen den Umzügen wurde ich häufig nicht akzeptiert oder musste erst in die neuen Gemeinschaften aufgenommen werden. Dazu war es wichtig verprügelt zu werden oder sich zu wehren oder beides. Vielleicht strebe ich heute deswegen so sehr danach akzeptiert zu werden (Hm der Zweite).
Irgendwann fing ich mit dem Handel an der Börse zusammen mit meinem Vater an und irgendwann gingen wir pleite. Dazwischen war ich 1001 mal verliebt und leider nur 1-2 mal wurde das erwidert. Ich lerne HTML, PHP und all so einen Kram. Ich war damals in einer Bubble wo es sehr normal war in seiner Freizeit zu programmieren oder seinen Rechner zusammenzuschrauben oder LAMP Architekturen aufzusetzen. Dann kam das Abitur, der Zivildienst in einer Therapieeinrichtung für Drogenabhängige. Studium, mit Aufenthalt in Kalifornien, beim Studium lernte ich meine Frau kennen. Ich bekam einen Job, entschied mich für Kinder, Elternzeit zwei Jahre, Selbstständigkeit und mein aktueller Arbeitgeber, das Beste Umfeld, was ich mir nur vorstellen kann. Spannend, tiefgründig, abwechslungsreich auch noch nach über 10 Jahren.
Eigene Dysthymie, selbst hergestellt, selbst bekämpft. Sorgen um meine Kinder, dass alles gut wird mit Beruf und Liebe und Leben. Coachingausbildung. Reise in mich hinein, wie bei Jules Verne 20.000 Meilen unter dem Meer, nur um festzustellen ich bin gerade mal an der Oberfläche, offensichtlich habe ich in den Wolken gestartet. Ist vermutlich etwas übertrieben, aber es gibt solche und solche Momente.
Interessanteste Überlegung heute Morgen, dass die leicht reduzierte Schwingungsfähigkeit immerhin so stark wirkt, dass Mitmenschen und ich selbst keine Ahnung davon hatten, wie es mir geht. Die fehlende Schwingung wie ein Kissen, das alles dämpft und dadurch alles unwirklich und schwer greifbar wirkt.
Wenn es um Ängste geht fallen mir spontan zwei ein: Versagens- und Verlustängste. Verlustängste bzgl. Beziehungen; bei Freunden und meinen Kindern oder meiner Frau. Versagenängste weil ich glaube, dass ich eigentlich „n cooler Typ1“ bin, aber rüberkomme wie ein Versager, weil ich nunmal trotz allem Guten soviel mit mir selbst hadere. Ich sitze nicht da, wie ich sollte, auf meinem Thron selbsterschaffener Dinge auf die ich stolz sein kann, sondern sitze im Staub und wühle im Dreck. Und manchmal sind Menschen nett genug, sich zu mir zu setzen. Hachja, Selbstmitleid kann ich auch gut.
Das „andere Gefühl“ neben Versagens und Verlustangst ist absolute Zuversicht, dass sich alles am Ende regeln wird. Das ich alles hinbekomme (also nicht nur mich, sondern auch Kinder, Frau, Beruf, Karriere, Wissen, das Leben), das mein Gehirn mit kleinen Selbstzweifelattacken oder Geisterbahnfahrten temporär die Welt schwarz-filtert (und ich mich foltere /es mich foltert? Hm, die Dritte.), dass ich aber sicher bin, dass es eben nur das ist. Ein Schwarz-Filter. Tief in mir weiß ich, dass es erstens einerseits so sein darf, denn fehlende kritische Selbstreflektion wäre mir ein Graus! Ich wüsste, was ich dann wäre, ein supererfolgreiches Monster. Lieber bin ich ein erfolgreiches ambivalentes Wesen 🙂
Übung zu Ende, werde irgendwann weiter lesen.
- Dem Arsch, der das mit dem „cooler Typ“ gesagt hat würde ich übrigens gerne immer noch auf den Mond schießen. ↩︎